Tim ist Gründer der KüchenWerkstatt GmbH – einem jungen Catering-Unternehmen, das nicht einfach nur Essen in Schulen anbietet, sondern ein Stück Veränderung mitserviert. Als gelernter Koch und Erzieher kennt Tim sowohl die Küche in all ihren Facetten als auch die Bedürfnisse von Kindern und möchte mit seiner Arbeit ein Bewusstsein für Ernährung schaffen: Essen soll wieder verbinden, bilden und begeistern.
Ich habe Tim in seiner Schulküche in Hamburg-Ottensen getroffen – zum Interview und zum Essen. Beides hat bleibenden Eindruck hinterlassen.
Vom Zufall zur Selbstständigkeit – Tims Weg in die Gründung
Tim war viele Jahre Teil eines sozialpädagogischen Kochprojekts in St. Pauli. Als das Projekt beendet wurde, stand er vor einer klassischen Weggabelung: zurück in die Anstellung – oder etwas Eigenes aufbauen?
Die Antwort kam in Form einer Schulleitung mit Mut zur Veränderung: Britta Heils, Leiterin der Grundschule Ottensen, gab Tim die Chance, sich mit einem ganz neuen Konzept selbstständig zu machen – als Caterer mit pädagogischem Anspruch. Ohne Firma, ohne Personal, aber mit einer großen Idee.
„Ich glaube, 99 % der Schulleitungen in Hamburg hätten mich abgewiesen“, sagt Tim rückblickend.
Doch genau dieser Vertrauensvorschuss war der Anfang der KüchenWerkstatt. Heute bekocht er mit seinem Team täglich über 400 Kinder – und macht das ganz anders als die üblichen Caterer.
Was die KüchenWerkstatt besonders macht? Wertschätzung statt Massenabfertigung. Frische statt Tiefkühlgemüse. Beteiligung statt Vorgabe.
Beim Free-Flow-System können die Kinder selbst entscheiden, was sie essen möchten. Neben wechselnden Tagesgerichten gibt es eine Salatbar mit saisonalen Zutaten, und bald auch eine Küche, in der gemeinsam geschnippelt und gekocht wird.
„Essen ist für mich ein verbindendes Element. Wenn Kinder lernen, woher ihre Mahlzeit kommt, wie sie zubereitet wird und dass sie mitgestalten dürfen, verändert das etwas.“
Tims Anspruch: Essen soll nicht nur satt machen, sondern einen Raum schaffen – für Begegnung, Wertschätzung und Lernen.
Werteorientiertes Unternehmertum – ein Arbeitgeber mit Haltung

Was Tim antreibt, ist weit mehr als der Wunsch, gut zu kochen. Er will ein Arbeitsumfeld schaffen, in dem Menschen gerne und mit Überzeugung arbeiten. Mit 35 Urlaubstagen, Inklusion, Ausbildungsplätzen und echter Mitgestaltung für alle Teammitglieder lebt er vor, was er von anderen erwartet.
„Ich möchte Menschen in ihren Stärken abholen – nicht alles kontrollieren, sondern vertrauen. Ich selbst lerne täglich von meinem Team.“
Tim will ein Unternehmen aufbauen, das nicht von seiner Person abhängt, sondern von einem starken Miteinander getragen wird, in dem jede:r Verantwortung übernehmen kann.
„Ich will ein Arbeitgeber sein, bei dem man gerne arbeitet. Nicht, weil es bequem ist, sondern weil man mitgestalten kann.“
Pädagogik trifft Alltag – mit Geschmack lernen
Ein Kernstück der KüchenWerkstatt ist der pädagogische Ansatz. Schon jetzt gibt es Projekte wie die „Geschmacksexperten“. Angelehnt an Kitchen Impossible können Kinder Zutaten aus unbekannten Gerichten erschmecken. Spielerisch setzen sie sich so mit Lebensmitteln und Aromen auseinander. Zukünftig sollen Kinder noch stärker einbezogen werden – durch regelmäßige Kochaktionen in einer neuen, besser ausgestatteten Schulküche.


„Wir verstehen uns nicht als externer Dienstleister, sondern als Teil der Schulgemeinschaft.“
Deshalb ist Tim auch im Unterricht ab und zu präsent: Wenn Klassen das Thema Ernährung behandeln, steht er gerne Rede und Antwort – über gesundes Essen und den Küchenalltag.
Erfolg neu gedacht – für Gesellschaft, Umwelt und Finanzen
Essen als gesellschaftlich verbindendes Element
Was bedeutet Erfolg für jemanden wie Tim? Nicht der größtmögliche Umsatz, sondern ein inklusives Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem auch Menschen mit Behinderung oder ältere Mitarbeitende ihren Platz finden. Ein Arbeitsplatz, an dem Ideen willkommen sind und Mitgestaltung gewünscht ist.
Ein weiterer Erfolgsfaktor: Die Schülerinnen und Schüler. Wenn Kinder mit mehr Bewusstsein für Ernährung aus der Schule gehen, als sie hineingekommen sind, ist das schon ein großer Erfolg für Tim und sein Team.
„Man muss das Rad nicht neu erfinden – einfache Dinge, gut gemacht, sind oft das Beste. Eine richtig leckere gewürzte frische Karotte vom Feld ist mehr wert als ein Sack TK-Gemüse.“
Tim möchte, dass Essen wieder das wird, was es sein kann: ein gemeinschaftliches Erlebnis. Ein Moment des Genusses. Eine Einladung zum Gespräch.
„Wenn Kinder begreifen, dass Essen mehr ist als nur Nahrungsaufnahme, ist viel gewonnen. Essen ohne Liebe fliegt häufig am Tag an einem vorbei.“
Nachhaltigkeit, die funktioniert
Nachhaltigkeit wird hier pragmatisch und sinnvoll gelebt – nicht dogmatisch. Bioqualität ist wichtig, aber Regionalität und Saisonalität haben Vorrang vor teuren Biosiegeln, die sich viele kleine, nachhaltig wirtschaftende Höfe schlicht nicht leisten können.
Auch Lebensmittelverschwendung wird aktiv vermieden: Gekocht wird bedarfsgerecht auf Basis von Erfahrungswerten statt pauschalen Vorgaben. Das Ergebnis: frische Zutaten, weniger Abfall und zufriedene Kinder.
Tim und sein Team kochen überwiegend vegetarisch oder vegan – oft inspiriert durch Ideen aus der Schülerschaft. Wer sich Tom Kha Gai oder Kaiserschmarrn wünscht, hat gute Chancen, dass das auch auf den Teller kommt.
Finanzen mit Weitblick
Auch wirtschaftlich muss die KüchenWerkstatt tragfähig bleiben – schon allein aus Verantwortung gegenüber dem Team. Das Hamburger Modell aus Elternbeiträgen und staatlicher Förderung bietet dafür eine stabile Grundlage.
Langfristig plant Tim den Ausbau auf fünf Schulen in der Region – mit dem Ziel, nicht nur mehr Kinder zu erreichen sondern auch seinem Team echte Entwicklungsperspektiven zu bieten und den pädagogischen Ansatz weiter auszubauen.
Was wir von Tim lernen können
Tim ist kein Startup-Shootingstar mit Buzzwords, sondern ein pragmatischer Visionär. Einer, der anpackt, reflektiert, lernt. Der wirtschaftlich denken muss – und trotzdem Haltung zeigt. Seine Botschaft an andere Gründer:innen mit Purpose:
„Man darf sich nicht von dem riesigen Berg an Aufgaben lähmen lassen. Einfach losgehen, die Lösungen kommen unterwegs.“
Schulessen neu gedacht – mein Eindruck
Ich durfte nicht nur mit Tim sprechen, sondern auch probieren – es gab Reis mit Curry und frischem Gemüse. Und was soll ich sagen? Es war richtig lecker! Mit dem Schulessen meiner Kindheit hatte das so gar nichts zu tun.
Die KüchenWerkstatt zeigt eindrucksvoll, wie viel Potenzial in einer Mahlzeit steckt, wenn man sie mit Haltung, Herz und Handwerk zubereitet. Sie ist ein Beispiel dafür, wie sich mit Idealismus, Teamgeist und einem klaren Wertekompass Veränderung gestalten lässt – und wie aus etwas Alltäglichem wie einem Mittagessen ein kleiner Beitrag für eine bessere Zukunft werden kann.

Mehr über die KüchenWerkstatt findest du hier:
SDGs, die Tim und sein Team unterstützen:
• SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen
• SDG 4 – Hochwertige Bildung
• SDG 8 – Menschenwürdige Arbeit
• SDG 12 – Nachhaltiger Konsum und Produktion
• SDG 13 – Maßnahmen zum Klimaschutz
• SDG 17 – Partnerschaften zur Erreichung der Ziele

